Bild

Auch hier hat Vilém Flusser einen interessanten Gedanken. Wir gehen ins Universum der Technischen Bilder. Und das ohne KI.

Ich fand es als Fotograf aber nie einleuchtend, denn warum solle der Apparat mich so stark determinieren, wie er es behauptet hat. Sein Aussage, der Apparat enthält schon alle Bilder als Möglichkeit und der Fotograf tut nichts, ausser eine diese Möglichkeiten auszuwählen. Ja, wahrscheinlich, aber warum sollte der Fotoapparat eine andere Prothese sein, als z.B. ein Messer? Schliesslich sind die in ihm enthaltenen Möglichkeiten zwar nicht unendlich (da bin ich zu sehr Physiker, unendlich ist sehr viel mehr als ‚bloss unvorstellbar viel‘), aber doch ausreichend viele. Zum Vergleich, die 52 Karten eines Kartenspiels, haben soviel Kombinationsmöglichkeiten, dass wir (von statistische Ausnahmen und fehlerhaftem Mischen abgesehen), nach dem Mischen niemals wieder die selbe Reihenfolge aller Karten erleben werden.

Dennoch kennzeichnete das ‚technische‘ Bild (vergl. auch Walter Benjamin, das Kunstwerk im Zeitalter der technischen Reproduzierbarkeit), bis zum massenhaften Verbreitung der KI-Bildgeneratoren, vor allem ihre (scheinbar) zuverlässige Wiederholbarkeit.

Doch noch etwas zum Wesen des Bildes ist bei Flusser interessant, in ‚Bildern‘ die wir ‚Text‘ nennen, (ein Bild ohne eigene Bedeutung, das stark in einen Kontext (Sprache) eingebunden sein muss und dessen ‚bildliche Form‘ nicht festgelegt ist (Schriftart, Farbe …)) gibt es zwei wesentlich unterschiedliche Zeichen: Buchstaben und Zahlen.

Buchstaben haben keine eigene Bedeutung, das heisst sie repräsentieren für sich allein genommen Nichts. Weder ihr lautlicher noch ihr bedeutungstragender Wert ist festgelegt und wird erst durch die Bezugssprache manifest. Zahlen hingegen stehen für einen Anzahl (natürlich gibt es hier auch ein Zeichensystem, so bedeutet 3F vermutlich eine Zahl aus dem Hexadezimalsystem, 35 wird hingegen als Zahl des Dezimalsystems interpretiert (auch wenn es ebenfalls eine Hex-Zahl sein könnte), 10100010 wird vermutlich den Binärzahlen zugeordnet …) und diese Anzahl muss nicht in ein Lautgebilde (Gesprochene Sprache, gelesene Sprache …) übersetzt werden um verstanden zu werden.

Eine Zwischenform ist das Chinesische Zeichensystem, denn um Chinesisch lesen zu können, muss man nicht Chinesisch können.
Klingt paradox (und ist auch nicht vollständig richtig, da manche Zeichen nur richtig interpretiert werden können, wenn man die dazugehörige Geschichte kennt …), lässt sich aber wie bei den Zahlen so verstehen: die Zeichen repräsentieren ein Objekt oder eine Eigenschaft aus der Umwelt (eine Person, einen Gegenstand, aber auch eine Handlung oder eine Eigenschaft …) und kombinieren sie zu Bedeutungen (vergl. auch die Gebärdensprache, als dreidimensionales Zeichensystem).

Es heisst zwar, ein Bild sagt mehr als 1000 Worte, aber mit dem Text ist doch eine andere Art des Denkens in unsere Welt gekommen, deshalb ist der (geschriebene) Text zwar für manche scheinbar überflüssig geworden, aber sein verschwinden würde gravierende Veränderungen hervorrufen.

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